Leseprobe aus "Wege des Wassers" © copyright
2014
Das erste Kapitel
spannt einen Bogen, weit zurück in die alte
Zeit.
Ägyptisches Drama
Sie saß am
Ufer des Nils.
Der
ausgemergelte Körper ihres Mannes
verlängerte den ihren zu einer gespenstisch
dürren Figur.
Mit seiner
Ohnmacht hatten sich beider Blicke verloren.
Die trockenen Augen der Frau starrten auf
den schmalen Wasserlauf, welchen Ufer von
aufgerissener Erde säumten, als
bestünden sie aus bizarr gefalteten
Leichentüchern.
Würde der heilige Fluss dem Land die
ersehnten Überschwemmungen jemals wieder
bringen?
Noch ein letztes Mal ward ihr vergönnt zu
sehen was nicht mehr war, die Pracht des
Alten Reiches, erfüllt von buntem Leben.
Sie entsann sich der Bauern am
Nil, der Handwerker und
Händler auf den Märkten, all des glücklichen
Volkes, musizierend und in Frieden tanzend,
zum Gefallen Hathors, der Göttin des
Westens.
Doch
der der letzte Glanz war
stumpf geworden, die einstige Macht
gebrochen, mit ihr jedes Menschen Stolz.
In Horden oder auch einzeln waren sie davon
geirrt.
Nur
wenige hatten überlebt. Andere waren
geblieben, hatten ausgeharrt, wie auch ihr
Gefährte und sie.
Sie war verrückt geworden. Die
unbeschreiblich schrecklichen Geschehnisse
hatten ihrem sensiblen Geist
letztlich nur den Weg in den Wahnsinn
zugelassen.
Mit dem Verstand wurden ihr Anmut und
Schönheit, von Hathor einst gegeben, nun
wieder genommen.
Er starb gerade in ihren Armen.
Sie umfasste den
Kopf des Mannes. Zitternde Hände berührten
sein Haar. Spröde Lippen näherten sich
seinem Hals. Schweres Atmen wich röchelnder
Begierde, die sich entlud als sich ihre
Zähne in seiner Kehle verbissen.
Mit den
letzten Herzschlägen ergoss sich sein Blut
über ihre Gesichter.
Re hieß Hathor
helles Abendrot über das Land zu legen, die
Körper erglühen zu lassen.
In Gestalt
einer reißenden Löwin brach die Göttin
unvermittelt über sie herein. Die
Lebenslichter in sich einsaugend, verschwand
sie gleich schnell grauenvoll, als wäre sie
nur ein Windhauch in Richtung Westen
gewesen.
Sie hinterließ einzig Finsternis. Diese
umschloss die menschlichen Hüllen und
verbarg das Schicksal der vom Sonnengott
Verdammten.
Morgens am Fluss
Ich sitze am
Ufer der Gard.
Die Zeilen des
altägyptischen Dramas, genau an diesem Ort
hatte ich sie vor langer Zeit gelesen. Schon
damals hatten sie mich im Innersten berührt.
Inzwischen wurde ich von der Geschichte
eingeholt. Alles, was ich jüngst erleben
musste,
ist vergleichbar schrecklich. Wie konnte es
soweit kommen? Es scheint unglaublich, sogar
verrückt. Bin ich es selbst geworden wie die
Ägypterin im Drama?
Welcher halbwegs
normale Mensch treibt sich schon in der
Morgendämmerung an einem Fluss herum?
Vielleicht ein Angler, könnte man meinen.
Der wäre wohl entspannter und würde öfter
auf das Wasser schauen. Ich glotze nur
sinnlos in die Gegend. Außerdem habe ich gar
kein Angelzeug dabei. Als einziges
Gepäckstück führe ich eine völlig verdreckte
Wolldecke mit mir. Auf dieser sitze ich und
schaue nach links, nach vorn, nach rechts
und wieder nach … Oh, welcher sportliche
Vierbeiner kommt denn von da hinten
angelaufen?
„Hallo,
wer bist du denn? Doch bestimmt ein Streuner
...
Leseprobe aus "Raumschiff
Himmelreich" © copyright 2014
Startpunkt Erde, Milchstraße
Es
mutete schon recht eigenartig an, als sie
gleich einer kirchlichen Prozession in ihren
langen, traditionellen Roben das moderne,
metallische Schiff betraten, die hohen
Vertreter verschiedener Religionen. Die
Crewmitglieder meinten, sie erführen eine
Begegnung der dritten Art und ihnen fielen
fast die Augen heraus, als die
Kirchenfürsten die Bildfläche betraten.
Aber, der Rat verspricht sich viel
von
den Erfahrungen unserer Gäste während
der Reise. Er
mutmaßt, die Herren sowie die eine
Dame würden letztlich ihren jeweiligen
Anspruch auf das Alleinvertretungsrecht
Gottes auf Erden in Frage stellen.
Ich
konnte auf die vollkommene Irritation und
die fragenden Blicke meiner Crew hin nur
abwinken und die kurze Antwort geben: „Dazu
später, Leute.“
Mein
Name ist Gerald Eriksson. Ich bin der
Kommandant des interdimensionalen
Raumkreuzers UN 101.
Wir schreiben den
10. Oktober des Jahres 2092.
Der Start
erfolgte vor dreißig Minuten. Die
Weltöffentlichkeit wurde darüber in völliger
Unkenntnis belassen. Von welchem Punkt
unserer Erde wir abhoben, wissen selbst wir
hier an Bord nicht. Aber das Eine wissen wir
sicher: Sollten wir die nächsten
fünfundzwanzig Minuten überleben, wird das
größte Abenteuer der Menschheitsgeschichte
begonnen haben,
eine
einzigartige Reise
im
Auftrag der Vereinten Nationen
auf die Entscheidung des Obersten
Rates hin.
Wir
werden nach extraterrestrischem Leben suchen,
damit vorrangig
nach Planeten, welche für eine Besiedelung
geeignet sind.
Für die
ganz speziellen Passagiere auf diesem
Schiff, für unsere
Eminenzen,
wird es womöglich eine Suche nach Gott
werden. Ich wünsche ihnen
nicht, dass sie
anstatt seiner eher teuflischen Wesen
begegnen. Natürlich erhoffen und erträumen
auch wir uns, vorwiegend paradiesische
Welten vorzufinden. Wahrscheinlich wird uns
das Gegenteil begegnen. Hätte ich eine
Familie,
würde ich ganz sicher niemals dieses
Himmelfahrtskommando leiten.
Die
fünfzigköpfige Besatzung setzt sich, wie ich
es aus den letzten Raumfahrten gewohnt bin,
im üblichen Verhältnis zusammen. Die
Führungscrew und der Großteil unserer
Besatzung besteht aus Militärs. Weiter haben
wir
Servicekräfte und Techniker
an Bord. Wie
während unserer beiden letzten
friedlichen Unternehmungen begleiten
uns ebenfalls Naturwissenschaftler. Auch
diese Forscher sind mir durchweg bereits
bekannt.
Hingegen
kenne ich die vielen weiteren Ingenieure und
Techniker nicht. Sie sind allesamt absolute
Koryphäen ihres Fachs. Dieser Ruf eilt ihnen
jedenfalls voraus. Sogar ein
Nobelpreisträger ist unter ihnen.
Diesmal
ist sowieso einiges anders. Wir chauffieren
eine hundert Kopf zählende Elitetruppe,
bestehend aus Pionieren und Einzelkämpfern.
Allein ihre Ausrüstung verrät deutlich, dass
wir die Welten nicht nur erforschen, sondern,
falls lohnend,
auch sofort erobern sollen. Eine zusätzliche
Unterstützung bilden acht Roboter der
neusten Generation. Zwei von ihnen dienen
als Pioniere,
die weiteren sechs dem Kampf. Die
Möglichkeiten der Kampfroboter beeindrucken
selbst mich. Auch fünfundzwanzig Piloten
gehören zur erweiterten Crew, denn unser
Schiff trägt auch eine Vielzahl beweglicher
Waffen, darunter schnelle Jäger, ebenfalls
der neusten Generation. Von den festen
Waffensystemen an Bord wollen wir erst gar
nicht sprechen. So kann ich unter dem Strich
von mir behaupten, dass ich die
schlagkräftigste Kriegsmaschine aller Zeiten
kommandiere.
Jedoch
ist erstmals eine blecherne
Einschränkung im Spiel. Diese ist mir
beiseite gestellt worden, es ist ein
Kontrolltyp, in Form eines Androiden.
Er ist beauftragt mein Handeln sowie
die gesamte Mission zu überwachen.
Der
Oberste Rat denkt und beschließt und wir,
wir führen aus. Und dabei ist keiner von uns
frei von dieser mächtigen Angst vor der
neuen sowie bislang völlig unbekannten,
schnellsten Art der Fortbewegung. Sogar ich,
als so genannter Haudegen der
Raumfahrtflotte,
zittere vor Aufregung und erstmals vor
Angst.
Wir
werden uns im Hyperraum bewegen, die dunkle
Energie nutzen, um eine extrem große Strecke
innerhalb von Minuten zurück zu legen.
Einfach gesagt ist es ein Wechselspiel
zwischen der dunklen Materie hier und dem
angepeilten Zielort. Annähernd zweieinhalb
Millionen Lichtjahre Entfernung hoffen wir
in fünfzehn Minuten zurück legen zu können,
wobei es sich bei der Viertelstunde um eine
Festzeit handelt.
Diese Zeitspanne wird für den Wechsel in die
andere Dimension benötigt, egal wie
gigantisch die Entfernung
ist. Es ist
sozusagen der Sprung eines Flohs auf einem
riesigen Teppich.
Unser
Teppich ist das Universum.
1.
Randnotiz. Zeit 0956: Verhalten des Kardinal
Luzzani auffällig unkontrolliert. Nach
Rücksprache mit dem Begleitandroiden ordne
ich an, ihn rein vorsorglich in den
Selbstschutzraum zu führen.
Die Uhr
zeigt 1001. Es geht gleich los. Sollten wir
durch kommen ist präzises und pragmatisches
Handeln gefordert. Ich muss mich auf meine
Aufgaben konzentrieren, meine Angst
überwinden. Im Moment bleibt für mich nur
der Eintrag ins Logbuch und die vorläufig
letzte Ansage des Kommandanten.
1.
Logbucheintrag 10.10.2092; Uhren sind und
bleiben auf Weltzeit, UTC. Jetzt 1002;
Kommandant Gerald Eriksson: Alle Parameter
des Systems arbeiten zu 100% stabil. Die
Zeit 1010 für den Wechsel auf dunkle
Materiebahn bislang ungefährdet. Kurs
Andromedagalaxis steht. Den ersten
Zielpunkt in M 31, Blaue Riesenschwester,
werden wir nach Plan 1025 auf 100.000
Kilometer Abstand erreicht haben.
Alle
Humanoiden haben ihre Plätze auf den
Sicherheitsstühlen eingenommen.
1005:
Der Automatismus läuft ab jetzt, wir haben
keinen Einfluss mehr.
Der
Eintrag in das Logbuch ist geschrieben.
Jetzt noch ein paar beruhigende Worte an die
Fluggäste und die Crew. Auch wenn es schwer
fällt, nicht den Humor verlieren, es gilt
ihnen Mut zu machen.
„Verehrte
Fluggäste, hier spricht Ihr Kapitän! Ich
bitte Sie das Rauchen einzustellen und Ihre
Sicherheitsgurte anzulegen. Die gesamte Crew
wünscht Ihnen eine angenehme Reise ins
wunderbare Irgendwo. Beehren Sie uns recht
bald wieder und empfehlen Sie uns bitte
weiter!
Leute,
nun zu Euch! Denkt dran, der Rat wird soviel
aufgebrachte Gelder nicht in den Sand setzen
wollen. Also, wird schon schief gehen.
Bringen wir es hinter uns. Augen zu und ab
geht die Fahrt, mitten durch den dunklen
Tunnel!“
Die
Schöpfung
„Erwacht
und vernehmt meine Worte!
Der Weg
führt Euch
nun heraus aus der tiefsten Finsternis. Er
führt Euch heraus aus der Unwissenheit hin
zur Erkenntnis, hin zu mir, hinein in
das hellste Licht. Fürchtet Euch nicht! Denn
ich, der ich Euer Himmlischer Vater bin,
werde Euch fortan begleiten.
Es ward
von mir selbst geboten. Endlich ist es
vollbracht. Ihr seid geschaffen, die
Vollendung meiner Wahrhaftigkeit, nach
meinem Ebenbild, aus meinem Fleisch und
meinem Blut. Ihr bildet die Krönung der
Schöpfung, um mit Eurem Schöpfer gemeinsam
auf der höchsten Stufe zu stehen, über
Jeglichem.
Doch,
genug der Worte. Es ist an der Zeit. Lassen
wir Taten folgen. Mögen auch wir uns rüsten
und meine Himmlischen Heerscharen
verstärken.
Schaut
mir jetzt in die Augen! Seht Ihr das Blut
aus dem Ihr erschaffen seid? Seht Ihr das
Fleisch?
Blickt
tiefer, viel tiefer!
Ja,
jetzt seid Ihr nah genug, so nah, dass ich
Euren Geist in mich einsaugen und ich den
meinen in Euch einhauchen kann. Wir
verschmelzen zu einem großen geistigen
Wesen, so wie ich schon mit meinen
Himmlischen Heerscharen einen Geist bilde.
Unsere Körper hingegen werden sich weit
voneinander entfernt bewegen können. Doch
werdet Ihr fortan ständig im Wissen um
meinen Willen sein sowie ich um Euer Handeln
wissen werde.
Was Euch
eben ausgesaugt, ward nun geprägt.
Mein
Wille geschehe.
Ich
hauche es Euch ein.
Schließt
die Augen und lasst uns gemeinsam denken!“
'Wir
wissen, wir sind die Schöpfer und Hüter des
wahren Seins zugleich.
Wir
wissen, dass es jene gibt, welche anders
sind.
Wir
wissen, dass diese anderen, welche wir nicht
erschufen, unsere Schöpfung gefährden.
Wir
wissen, dass es von dem Weißen Vater geboten
ist,
diese Kreaturen der Unterwelt zu besiegen.
Wir
wissen, wo wir sie finden. Jene bewegen sich
in den dunklen Tiefen.'